slide_C-2.jpg

Die inzwischen abgeschlossene Bachelorarbeit von Silke Junkers, B.Sc.,  befasst sich mit dem Thema der Lautäußerungen des Haushuhnes Gallus gallus f. dom.. Hühner verfügen über 30 verschiedene Möglichkeiten der Lautäußerung (Baeumer, 1964; Wood-Gush, 1971). Der wohl bekannteste Laut ist das Krähen des Hahnes. Bei optimalen Bedingungen kann laut Engelmann (1984) ein Mensch den Krähruf eines Hahnes noch in 2 km Entfernung hören. Die Lautäußerungen des Bankivahuhns sowie deren Funktionen wurden bereits intensiv von Collias & Collias (1967) beobachtet und beschrieben. Ihre Studien ergaben, dass der Krähruf mehrere Bedeutungen hat. Zum einen kündigt er die Anwesenheit eines Hahns in seinem Territorium an, zum anderen lockt der Krähruf aber auch Hennen an (Collias, 1987).

Die Fragestellungen in diesem Projekt waren, ob
• Tiere verschiedener Rassen untereinander kommunizieren. Werden z.B. Hähne durch das Krähen anderer Hähne zum Ruf animiert?
• die Tagesrhythmik einen Einfluss auf das Krähen der Hähne hat?
• es Unterschiede zwischen der Anzahl der Krährufe bei den untersuchten Rassen gibt?

Die Hähne der am Wissenschaftlichen Geflügelhof untergebrachten Rassen wurden an 10 Tagen von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang beobachtet. Folgende Rassen wurden beobachtet: Asil, Bantam, Bergischer Kräher, Breda, Cochin, Holländer Haubenhuhn, Yokohama und Zwerg-Seidenhuhn. Die Auswertung der Kommunikation zwischen den Hähnen konnte zeigen, dass auf das Krähen eines Hahnes der direkte Nachbarshahn die höchste Antwortwahrscheinlichkeit zeigt. Diese Beobachtungen sind am einfachsten mit dem Territorialanspruch eines jeden Hahnes erklärbar. Collias (1987) beobachtete wahre ‚Krähduelle’ zwischen benachbarten Hähnen. Wie vermutet gibt das Krähen den Revieranspruch eines Hahnes wieder.
In dem Arbeitsschwerpunkt, ob die Tagesrhythmik einen Einfluss auf das Krähen der Hähne hat, sollte festgestellt werden, zu welcher Uhrzeit die Hähne krähen. Weiterhin sollte untersucht werden, ob die unterschiedlichen Rassen verschiedene Zeiten der Krähaktivität zeigten. Diese Beobachtungen wurden dann mit den Ergebnissen von Collias und Collias (1967) verglichen, welche den Tagesablauf des Roten Dschungelhuhns, der Stammart aller Haushühner, beobachtet und auch dessen Krährufe im Tagesverlauf aufgezeichnet haben.
Die Hähne der verschieden Rassen zeigten alle ein morgendliches Maximum der Krährufe. Die Krährufe begannen bei den verschiedenen Rassen zu etwas versetzten Zeitpunkten, jedoch immer vor Sonnenaufgang (Abb. 1). Im Allgemeinen fingen die Hähne ca. eine Stunde vor Sonnenaufgang an zu krähen. Das Maximum ihrer Krähaktivität liegt bei den meisten Rassen kurz vor und bei Sonnenaufgang, nur die beiden Seidenhuhnhähne sind vermeintliche ‚Langschläfer’. Im weiteren Tagesverlauf gab es einige wenige Krährufe, wobei der Zwerg-Seidenhuhn-Hahn und der Bantam-Hahn kurz vor Sonnenuntergang noch einmal aktiv wurden. Dieses Verhalten lässt sich bei den anderen beobachteten Rassen nicht wiederfinden. Und genau dies steht in direktem Kontrast zu den Beobachtungen von Collias & Collias (1967), die bei Bankivahähnen ein zweites Maximum der Krähaktivität kurz vor Sonnenuntergang beobachtet haben. Dieses abendliche Krähen sollte ihrer Meinung nach die Gruppe zum Aufbaumen zusammenbringen. Deshalb lässt sich dieser Unterschied auch am ehesten mit der Domestikation erklären. Durch die räumlich begrenzte Haltung ist ein Zusammenrufen der Gruppe womöglich überflüssig geworden.


Abb. 1: Zeigt die Anzahl (Mittelwerte) der Krährufe der verschiedenen Rassen im Tagesverlauf. ‚SH1 und 2’ sind die beiden beobachteten Seidenhühner, ‚Cochinal’ und ‚Cochinju’ ein Alt- und ein Junghahn der Rasse Cochin. Da sich Sonnenaufgang und –untergang stetig veränderten, ist der Sonnenaufgang zur besseren Vergleichbarkeit in der Auswertung auf den Wert 4 der x-Achse (Faktor 1) standardisiert.

Die Beobachtungen zum Vergleich der Anzahl der Krährufe im Tagesverlauf haben ergeben, dass es rassespezifische Unterschiede im Krähverhalten gibt (Abb. 2). Vergleichswerte findet man bei Engelmann (1984), dessen isoliert gehaltener Hahn am Tag 70 bis 110-mal krähte. Von den hier beobachteten Rassen zeigte sich, dass der Breda-Hahn die höchste Anzahl und der Bergische Kräher-Hahn die geringste Anzahl an Krährufen hatte. Diese Beobachtungen sind umso überraschender, da Bergische Kräher aktiv auf ein besonderes Krähverhalten hin gezüchtet werden. Diese auffälligen Besonderheiten laden zu weiteren Untersuchungen ein.


Abb. 2: Dargestellt ist die Anzahl der Krährufe im Rassevergleich. Aufgetragen sind die Mittelwerte der zehn Beobachtungstage der gesamten Krährufe pro Tag und Rasse.

Das Krähen der Hähne wird uns sicherlich noch weiter beschäftigen. Für detaillierte Untersuchungen ist jedoch zunächst die Anschaffung der entsprechenden Technik eine wesentliche Voraussetzung. In diesem Zuge möchte ich vor allem JUWIRA für die finanzielle Unterstützung danken. Frau Silke Junkers, B.Sc., hat inzwischen die Bachelor-Arbeit abgeschlossen und das Team des Wissenschaftlichen Geflügelhofes verlassen. Wir wünschen ihr für ihre Zukunft alles Gute.

Dr. Inga Tiemann

Literatur:
Baeumer, E. (1964). Das dumme Huhn. Stuttgart: Franckh’sche Verlagshandlung.
Collias, N.E. & Collias, E.C. (1967). A field study of the Red Jungle Fowl in North-Central India. Condor, 69, 360-385.
Collias,  N.E. (1987). The vocal repertoire of the Red Jungle Fowl: a spectrographic classification and the code of communication. Condor, 89, 510-524.
Engelmann, C. (1984). Leben und Verhalten unseres Hausgeflügels. Radebeul: Neumann Verlag Leipzig.
Wood-Gush, D.G.M. (1971). The bevaviour of the domestic fowl. Alton: Nimrod Press.