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(Presseartikel und Leserbrief siehe unten)

Herrn
Gerhard Gretter
Lange Gasse 3
75015 Bretten

33442 Herzebrock-Clarholz, den 09.07.2015

Leserbrief Geflügelzeitung 13 / 2015
Spenden, Stiften, Mitgliedsbeiträge

Sehr geehrter Herr Gretter,

es ist erfreulich, dass der Beitrag in der GZ 8/2015 überhaupt eine Reaktion ausgelöst hat. In der Regel bleiben kritische Berichte ohne Antworten und die Verfasser müssen sich mit einer gefühlten Interessenlosigkeit in der Leserschaft abfinden.

Es hat sich bewährt und ist unter Fachleuten gängige Praxis, auf Leserbriefe nicht mit einem weiteren Leserbrief zu antworten. Wir wählen darum den direkten Kontakt zu Ihnen, um einige Punkte zu klären und gestellte Fragen zu beantworten. Vielleicht gelingt es uns ja, Ihnen den Nutzen der wissenschaftlichen Forschung am Rassegeflügel näherzubringen.

Der WGH mit seinem Bruno-Dürigen-Institut wurde vom BDRG ins Leben gerufen, um gezielt wissenschaftliche Forschung am Rassegeflügel zu betreiben. Dabei geht es ausschließlich um Verhaltensforschung. Jegliche Art von Tierversuchen ist grundsätzlich ausgeschlossen. Tiermedizinische Projekte und Fragen der Tierernährung sind Bereiche eigenständiger, wissenschaftlicher Forschung. Wissenschaftler mit dieser speziellen Ausbildung und der anerkannten Qulifikation arbeiten nicht am WGH. Das geben die vorhandenen Strukturen des Bruno-Dürigen-Instituts nicht her und die dafür erforderlichen Kosten würden den Rahmen des BDRG sprengen. (Dazu ein Beispiel aus der Humanmedizin. Bei einer auftretenden Sehschwäche erwarten wir Menschen eine belastbare Diagnose nicht von einem Orthopäden, sondern von einem Augenarzt).

Wissenschaftliche Forschung wird national und international nur anerkannt, wenn sie absolut frei und unabhängig erfolgt. Eine direkte Einflussnahme auf die Auswahl der Themen, den Ablauf der Forschung oder gar auf die Ergebnisse verbietet sich also. Aus diesem Grunde wurden bisher und werden auch in Zukunft keine Sponsorengelder von Interessenvertretern angenommen. Abgelehnt werden auch bezahlte Gutachten jeglicher Art. Ein Interessenkonflikt ist also auszuschließen. Dass die wissenschaftliche Forschung am WGH sogar in dem Rechtsstreit „haubentragende Landenten“ vor dem obersten deutschen Gericht Bestand hatte, belegt die Unabhängigkeit nachhaltig. Der bei diesem Projekt am WGH entwickelte „Umkehrtest“ wurde als offizielle Methode im Zuchtmanagement anerkannt und ist inzwischen in der Züchterschaft gängige Praxis. Die Rasse wurde also nicht, wie von behördlicher Seite geplant, gerichtlich verboten. Zurzeit läuft am WGH im Rahmen einer Bachelorarbeit eine Untersuchung der Stargarder Zitterhälse. Vielleicht gelingt es uns auch hier durch eine umsetzbare Zuchtmethode ein Verbot der Rasse – wie in der Schweiz erfolgt – zu verhindern.

Die Kurzbeinigkeit wurde in einer Bachelorarbeit von Frau Anna Steinhoff im vergangenen Jahr thematisiert. In dieser dreimonatigen Forschung wurden mehr Fragen aufgeworfen als Antworten gegeben. Die stichpunktartigen Ergebnisse stimmen in vielen Punkten nicht mit der zum Teil älteren Literatur überein. Darum ist eine über drei Jahre laufende Erforschung der Kurzbeinigkeit bei verschiedenen Hühnerrassen angedacht, die im nächsten Jahr beginnen könnte. In Abstimmung mit einer Universität in China wird bereits an der Aufgabenstellung gearbeitet. Diese umfassende Untersuchung wird aber nur mit einem erheblichen Einsatz von JUWIRA-Forschungsmitteln möglich. Und Sie wissen ja, JUWIRA generiert seine Fördermittel allein aus Mitgliedsbeiträgen und freien Spenden.

Die Berichterstattung in den Fachmedien wollen wir ausbauen. Das haben wir auf der JUWIRA-Jahrestagung am 04.07.2015 nach dem Verlesen des von Ihnen verfassten Leserbriefes beschlossen. Dabei verfolgen wir das Ziel, in jedem Monat kurz und aktuell zu berichten. Darüber hinaus steht die Homepage des WGH zur Information zur Verfügung. Die Internetauftritte der Stiftung und von JUWIRA werden überarbeitet und sollen im Herbst stehen. Dass bei wissenschaftlichen Veröffentlichungen auch anerkannte Begriffe in nichtdeutscher Sprache verwendet werden, ist allerdings nicht auszuschließen. Ganze Berichte sind bisher aber nicht in englischer Sprache erschienen. Trotzdem wollen wir uns um eine allgemein verständliche Abfassung der Beiträge für unsere beiden Fachzeitungen bemühen.

Kompetenz und Anerkennung müssen erarbeitet werden. Neben einer soliden Forschungsarbeit sind dabei auch Vorträge bei der Vereinigung für Geflügelwissenschaft im In- und Ausland sowie vor anderen Gremien unerlässlich. Erst dadurch erhalten der WGH und letztlich auch der BDRG bei Politikern, Behörden und Entscheidungsträgern ein entsprechendes Ansehen als verantwortliche Haustierhalter und praktizierende Tierschützer.

Lieber Zuchtfreund Gretter, natürlich kann und will Ihnen keiner vorschreiben, wie Sie Ihr frei verfügbares Geld einsetzen. Wir wissen, dass hier gerade den Rentnern Grenzen gesetzt sind und die praktizierte Rassegeflügelzucht hat in jedem Falle Vorrang. Wir wünschen Ihnen weiterhin viel Freude und Entspannung dabei. Vielleicht gelingt es uns aber, Ihre persönlichen Vorurteile zu entkräften und Sie als Sympathisanten des WGH und von JUWIRA zu gewinnen.


Mit freundlichen Grüßen
JUWIRA-Vorstandsteam

Karl Stratmann