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von Tiermodellen am Beispiel verschiedener Geflügelarten
Christine Pütz, Bachelor of Science

Betreuer: Frau Dr. Inga Tiemann, Bruno-Dürigen-Institut & Herr Prof. Dr. Büschges, Zoologisches Institut der Universität zu Köln

In der zurzeit durchgeführten Masterarbeit soll der Einfluss des Haltungsmanagements auf das Verhalten verschiedener Geflügelrassen in standardisierten Testverfahren untersucht werden.
Dabei wird zum einen ein Vergleich der Rassen, aber auch des Futtermanagements angestrebt. Unterschiede im rassetypischen Verhalten sollen zu einem ebenso zweckmäßigen, wie gezielten Einsatz einzelner Rassen in der wissenschaftlichen Forschung führen. Häufig findet die Spezifikation auf Rassenebene in aktuellen wissenschaftlichen Publikationen nicht statt, obwohl frühere Studien morphologische und ethologische Unterschiede der Rassen des Hausgeflügels bereits darstellen konnten (Tiemann & Rehkämper, 2009).
Weiterhin erfolgt ein Vergleich des Futtermanagements. Futterrestriktion ist eine gängige Methode insbesondere bei der Durchführung von Lernexperimenten und wird nicht nur in der Arbeit mit Geflügel, sondern auch bei Nagetieren angewandt (Heiderstadt, McLaughiin, Wright, Walker, & Gomez-Sanchez, 2000). Im Gegensatz zur Futterdeprivation, bei derer den Tieren das Futter für einen bestimmten Zeitraum komplett vorenthalten wird, arbeitet die Futterrestriktion damit, dass den Tieren über einen längeren Zeitraum eine bestimmte Futtermenge angeboten wird. Auf diese Weise soll eine gesteigerte, länger andauernde Motivation der Tiere erreicht werden (Rowland, 2007).
Diese Studie beschäftigt sich mit der Frage, inwiefern Rassenzugehörigkeit und Futtermanagement einen Einfluss auf das Verhalten der Tiere in standardisierten Testverfahren haben.
Rassevergleich:
Im Rahmen der Studie werden zwei Haushuhn- und zwei Haustaubenrassen untersucht und sowohl intra-(zwischen den Rassen einer Art) als auch interspezifisch (zwischen den Tierarten) verglichen. Als Haushuhnrassen werden Tiere der Rassen Breda und Chabo mit einem Stichprobenumfang von jeweils 12 Tieren ausgewählt. Bei den Haustaubenrassen werden das Altorientalisches Mövchen (12 Tiere) und der Rheinische Ringschläger (11 Tiere) untersucht. Alle Tiere sind weiblich, geschlechtsreif und im Schweizer Haus des Wissenschaftlichen Geflügelhofs untergebracht.
 
Futtermanagement:
Um den Einfluss des Futtermanagements auf die Tiere zu untersuchen, werden drei verschiedene Varianten der Fütterung getestet (vergleiche Abb. 1). Bei der Fütterung über Standfutter steht den Tieren täglich unbegrenzt Futter zur Verfügung. Bei der ad libitum Fütterung hingegen haben die Tiere pro Tag für eine Stunde Zugang zu einer ausreichenden, abgewogenen Menge an Futter, welche zuvor bereits experimentell und für jede Rasse individuell bestimmt wurde. Dabei handelt es sich um die für Geflügel angewandte übliche Futterpraxis. Anschließend wird die gefressene Futtermenge durch Abwiegen des übrigen Futters bestimmt und protokolliert. Anhand dieser Werte kann die gefressene Tagesfuttermenge pro Tier berechnet werden.
Bei der Futterrestriktion wird das Gewicht der Tiere an zehn aufeinanderfolgenden Tagen ermittelt und anhand des gebildeten Mittelwertes ein Sollgewicht von 85 % berechnet. Durch Reduzierung der Futtermenge auf ¼ der zuvor ermittelten Futtermenge pro Tier, wird das Gewicht anschließend innerhalb von zehn Tagen auf 85 % (± 5 %) reduziert. Um sicherzustellen, dass das Gewicht der Tiere während des Zeitraums der Experimente den geforderten Kriterien entspricht, und zur Überprüfung des Gesundheitszustandes, werden alle Tiere täglich gewogen. Die Futtermenge für die Tiere, welche einer Futterrestriktion unterliegen, wird zudem dem aktuellen Gewicht angepasst.



Abbildung 1: Zeitschema mit Futterkondition

Testverfahren:
Das Verhalten der Tiere wird in drei standardisierten Testverfahren untersucht, dem open field (Test im freien Gelände), einem plus maze (kreuzförmiges Labyrinth) und einem y-maze (y-förmiges Labyrinth). Jedes Tier absolviert dabei das open field dreimal im Abstand von 60 Tagen, jeweils einmal pro Futterkondition. Im plus maze und y-maze wird jeweils die Hälfte des Stichprobenumfangs (N=6) ad libitum gefüttert, während die andere Hälfte einer Futterrestriktion unterliegt.

Open field:
Jedes Tier absolviert dreimal das open field, jeweils einmal unter Standfutter, ad libitum und unter Futterrestriktion. Es dient dazu, das Explorationsvermögen der Tiere zu untersuchen. Über eine an der Decke des Raumes angebrachte Kamera lässt sich das Verhalten des Tieres in einer 1,80 m * 1,80 m großen Arena über einen Zeitraum von zehn Minuten aufzeichnen und beobachten (siehe Abbildung 2). In der anschließenden Auswertung können Aussagen über die zurückgelegte Strecke des Tieres gemacht werden.


Abbildung 2: Open field Arena

Plus maze:
Beim plus maze handelt es sich um eine kreuzförmige Arena, die dazu dient das Lernvermögen der Tiere zu überprüfen (siehe Abbildung 3). An den Enden jedes Gangs befindet sich jeweils ein Napf mit Futter (Tauben: 3 Erbsen, Hühner: 3 Futterpellets). Die Tiere werden in die Mitte der Arena gesetzt und ihr Verhalten über eine Kamera so lange beobachtet, bis jeder der vier Gänge besucht wurde, maximal jedoch 15 Minuten. Der Test gilt als erfolgreich absolviert, wenn ein Tier an drei Tagen hintereinander jeden Gang nur einmal besucht und das Futter gefressen hat. Nach maximal 40 aufeinanderfolgenden Tagen wird der Test beendet und als ungültig betrachtet. Das wiederholte Betreten eines Gangs, sowie nicht gefressenes Futter, werden als Fehler gewertet. Neben der Anzahl an Tagen, die das jeweilige Tier braucht, um den Test erfolgreich zu absolvieren, werden die absolute Fehleranzahl über den gesamten Testzeitraum und die Anzahl an besuchten „neuen“ Gängen unter den ersten vier Wahlmöglichkeiten analysiert. Weiterhin wird bei den Tieren, die den Test erfolgreich absolviert haben, die Reihenfolge der besuchten Gänge untersucht.


Abbildung 3: Plus maze Arena

Y-Maze:
Hierbei handelt es sich um eine y-förmige Arena zur Überprüfung des Wahlverhaltens, bestehend aus einem längerem Arm, unterteilt in Zone 1 (Startzone) und Zone 2, an einem Ende und zwei kürzeren Armen (Zonen 3 und 4) am anderen Ende (siehe Abbildung 4).
Das Ende der kürzeren Arme ist über eine Plexiglasscheibe von der übrigen Arena abgetrennt und dient dazu, dem Tier je nach Experimentaufbau verschiedene Stimuli, d.h. Reize zu präsentieren. Bei diesen Reizen handelt es sich um Futter, ein unbekanntes Tier der gleichen Rasse und den Versuchsleiter. In der Woche vor Testbeginn werden die Tiere an zwei Tagen hintereinander für fünf Minuten an die Arena gewöhnt.


Abbildung 4: Aufbau des y-maze

Anschließend werden drei verschiedene Testkonditionen (A, B, C; Tabelle 1) untersucht, wobei an zwei aufeinanderfolgenden Tagen die Positionen der Stimuli (rechter Arm oder linker Arm) gewechselt werden. Es ergeben sich daher sechs aufeinanderfolgende Experimentaltage pro Tier.

Tabelle 1: Testkonditionen y-maze



Die Tiere werden zunächst für 20 Sekunden in die Startzone gesetzt, welche über ein Tor von der restlichen Arena abgegrenzt ist. Nach Ablauf der 20 Sekunden wird das Tor geöffnet und das Tier erhält Zugang zu der Arena. Es wird so lange über eine Kamera beobachtet, bis es eine Entscheidung für einen der beiden Arme getroffen hat, d.h. der Kopf des Tieres mehr als 2/3 des Armes überschreitet, maximal jedoch 10 Minuten. Hat ein Tier nach Ablauf der Zeit keine Entscheidung getroffen, so wird der Test nach einer Stunde erneut durchgeführt, wobei pro Experimentaltag maximal drei Testdurchläufe erfolgen. Analysiert werden neben der Entscheidung für die unterschiedlichen Stimuli auch eine eventuelle Richtungspräferenz und die Aufenthaltszeiten in den einzelnen Zonen.

Anhand der verschiedenen Testverfahren sollen zum Ende der Arbeit Aussagen über Auswirkungen der unterschiedlichen Fütterungsbedingungen auf das Explorationsvermögen (open field), das Lernvermögen (plus maze) und das Wahlverhalten (y-maze) der Tiere getroffen werden. Weiterhin sollen inter- und intraspezifsche Rassenunterschiede aufgezeigt werden, um Rassegeflügel gezielt in Wissenschaft und Forschung einsetzen zu können.
Zum jetzigen Zeitpunkt liegen noch keine endgültigen Ergebnisse vor, es wird allerdings erwartet, dass die Futterrestriktion einen Einfluss auf das Verhalten der Tiere in den standardisierten Testverfahren haben wird. Dabei ist zurzeit anzunehmen, dass dieser Einfluss bei den Haustauben stärker ausfällt, als bei den Haushühnern. Mit dem Abschluss der Arbeit im Frühjahr 2013 können statistisch abgesicherte Aussagen getroffen werden.

Literaturverzeichnis:

  • Heiderstadt, K. M., McLaughiin, R. M., Wright, D. C., Walker, S. E., & Gomez-Sanchez, C. E. (2000). The effect of chronic food and water restriction on open-field behaviour and serum corticosterone levels in rats. Laboratory Animals, 34(1), 20-28.
  • Rowland, N. E. (2007). Food or fluid restriction in common laboratory animals: Balancing welfare considerations with scientific inquiry. Comparative Medicine, 57(2), 149-160.
  • Tiemann, I., & Rehkämper, G. (2009). Effect of artificial selection on female choice among domesticated chickens Gallus gallus f.d. Poultry Science, 88(9), 1948-1954.