am Wissenschaftlichen Geflügelhof des BDRG
Viele Besonderheiten und Bedürfnisse bei der Haltung von Hühnern sind bereits erforscht worden. So zum Beispiel, dass Hühner in kleinen Gruppen eine hierarchische Sozialstruktur, die sogenannte Hackordnung, bilden, durch die die Tiere weniger aggressives Verhalten zeigen (Banks, 1956). Die Bildung einer Hackordnung ist jedoch bei großen Hühnergruppen von über tausend Tieren in meist reizarmen gleichförmigen Ställen nicht mehr möglich (Hughes et al., 1997). Dementsprechend wäre eine Förderung von Untergruppen in großen Produktionsgruppen wünschenswert, um Konfrontationen und Aggressionen unter den Tieren zu verringern. Eine Möglichkeit dies zu unterstützen, stellt die Prägung auf farbiges Licht dar. Gelänge diese, könnte in großen Gruppen durch Strukturierung der Ställe mit verschiedenfarbigem Licht die Bildung von Untergruppen und somit die Formung einer stabilen Hackordnung unterstützt werden.
Von Februar bis November 2015 habe ich am Wissenschaftlichen Geflügelhof die Beleuchtung von Bruteiern mit farbigem Licht, zum Zweck einer Prägung auf die jeweilige Farbe, im Rahmen meiner Masterarbeit genauer untersucht. Ziel dieser Prägung auf eine bestimmte Farbe war es, die beschriebene Untergruppenbildung zu fördern. So wurden Deutsche Lachshuhnküken im Ei auf farbiges Licht geprägt und der Einfluss auf ihre Farbpräferenz nach dem Schlupf untersucht.
Xie et al. (2008) beschreibt Licht als einen wichtigen Einflussfaktor, der viele psychologische Prozesse und Verhaltenweisen beeinflussen kann. Durch die lichtdurchlässige Eischale und die Eihaut gelangt Licht während der Brut in das Innere des Eies und stimuliert die neuralen Verbindungen und Zentren aufgrund der Liegeposition im Ei, vornehmlich des rechten Auges (Rogers et al., 2007).
Bei Hühnern geschieht eine Prägung meist während der Brut und in den ersten Stunden und Tagen nach dem Schlüpfen (Bolhuis und Honey, 1998; Hampton et al., 1995). Hier wird eine sogenannte „sensible Phase“, beginnend mit den letzten drei Tagen der Embryonalentwicklung, angenommen, in der die Tiere besonders empfänglich für Prägungen aller Art sind (Deng und Rogers, 2002).
Meine Masterarbeitsexperimente lassen sich in drei Abschnitte zusammenfassen. Zuerst das Ausbrüten der Küken mit festgelegter farbiger Beleuchtung in drei Brütern. Darauf folgt die Aufzuchtphase mit und ohne farbige Beleuchtung während der ersten Woche nach dem Schlüpfen der Küken. Und schließlich die Entwicklungsphase der Tiere in einer großen Aufzuchtgruppe. Abbildung 1 zeigt die drei Abschnitte der Experimente.
Die experimentelle Ermittlung der Präferenzen der Küken begann mit der Aufzuchtphase und wurde während der Entwicklung fortgeführt. Die geschlüpften Experimentaltiere wurden in fünf Gruppen aufgeteilt und in den Aufzuchtboxen weiterhin unterschiedlich beleuchtet. Abbildung 2 gibt die Art der Beleuchtung während der beiden ersten Abschnitte der Experimente wieder.
Das farbige Licht wurde mit Lichtfilterfolien der Firma LEE-Filter erzeugt. Der erste Brüter bekam eine Folie, die nur blaues Licht (LEE-Filter Nr. 120, Deep Blue) und der zweite Brüter eine Folie, die grünes Licht (LEE-Filter Nr. 090, Dark Yellow Green) hindurchließ. Vor die Brüterscheiben wurden Lampen aufgestellt, die mit den auf den Scheiben befestigten Filterfolien das farbige Licht erzeugten. In einem zwölfstündigen Intervall wurden die Brüter ab dem 17. Tag der Brut beleuchtet werden.
Nach dem Schlüpfen wurde in den Aufzuchtboxen der zweite Teil der Beleuchtung durchgeführt. Die Glühbirnen in den Aufzuchtboxen von Gruppe 1 und Gruppe 2 wurden mit der gleichen Farbfilterfolie (LEE-Filter Nr. 090 Dark Yellow Green bzw. Nr. 120 Deep Blue) verkleidet, wie die Scheiben der Brüter während der Inkubation. Hier wurde Gruppe 1 weiterhin blauem Licht ausgesetzt. Gruppe 2 wurde mit grünem Licht weiter beleuchtet und Gruppe 3 wurde so, wie Gruppe 4 und 5, normal aufgezogen. Normal aufgezogene Gruppen wurden mit dem ungefilterten Licht einer Glühbirne (Osram, 15 Watt), die an der Rückwand der Auszuchtbox angebracht (siehe Abbildung 4) war, beleuchtet.
Nach der ersten Woche in den Aufzuchtboxen wurden alle Tiere der Rasse Deutsches Lachshuhn in einen Stall umgesetzt. Da zum Zeitpunkt des Umstallens die Beleuchtungsphase abgeschlossen war, wurden alle Tiere in eine große Gruppe im Stall (Abbildung 11) zusammengeführt.
In dieser Arbeit wurde ein Wahlexperiment mit jedem Tier durchgeführt, welches die Präferenzen der Tiere analysieren sollte. Insgesamt acht Mal wurde die Wahl der Tiere zwischen den beiden Beleuchtungsfarben (Blau und Grün) untersucht.
Der Aufbau wurde nach dem Vorbild einer Studie zu Farbpräferenzen von Küken, durchgeführt von Salzen et al. (1971), konzipiert. Diese sogenannten runway- Experimentalarenen gleichen einem rechteckigen Kasten, an dessen beiden kurzen Seiten die Wahlmöglichkeiten angeboten werden. Fotostrahler wurden im 90° Winkel an den Enden der Experimentarena befestigt. Davor wurden die bereits bei Brut und Aufzucht verwendeten Farbfilterfolien gespannt. So wurden ein grün und ein blau beleuchtetes Ende des runways kreiert, zwischen denen die in die Mitte gesetzten Tiere entsprechend wählen konnten.
In Abbildung 6 ist die zweite Testarena zu sehen. Rechts und links außen im Bild sind die Fotostrahler mit den davor befestigten Farbfilterfolien zu sehen. In der Mitte am Boden sitzt eines der Experimentaltiere.
Als Maß für die Präferenzen der Tiere dienten die Aufenthaltszeiten in Sekunden in den Lichtfarben. Jedes Tier wurde bei seiner Wahl gefilmt und die Zeiten in den Lichtfarben mit dem Analyseprogramm Viewer (Biobserve GmbH) analysiert.
Diese Dauer kennzeichnet entsprechend die Präferenz für eine der untersuchten Lichtfarben. Die Experimente sollten Fragen zur Prägung im Ei während den letzten Tagen der Brut beantworten.
Folgende Aspekte waren von besonderem Interesse:
- Ist eine Beeinflussung der Farbpräferenz für Blau oder Grün durch Beleuchtung während der Brut möglich?
- Wie unterscheidet sich die Präferenz der unterschiedlich beleuchteten Tiere im Vergleich zu einer nicht beleuchteten Kontrollgruppe?
- Verstärkt eine zusätzliche Beleuchtung mit farbigem Licht während der Aufzucht die Farbpräferenzen der Tiere?
- Wie wirken sich das Geschlecht oder das Alter der Tiere auf die Farbwahl aus?
- Hat die Position der Lichtfarben im runway einen Einfluss auf die Wahl der Tiere?
- Unterscheiden sich die Latenzzeit und die Wechselhäufigkeit zwischen den Lichtfarben bei den verschieden beleuchteten Tieren?
Die Experimente konnten zeigen, dass die blau beleuchteten Tiere und die unbeleuchteten Kontrolltiere beide eine Präferenz für blaues Licht besaßen. Auch die nicht beleuchtete Kontrollgruppe zog demnach blaues Licht dem grünem vor. Dies kann als Hinweis auf eine angeborene Präferenz für blau gesehen werden, welche auch schon von anderen Autoren bei anderen Rassen festgestellt werden konnten (Zupan et al. 2007; Huber-Eicher 2004; Hampton et al. 1995).
Die grün beleuchteten Tiere zeigten die Präferenz für blaues Licht nicht. Bei den grün beleuchteten Tieren hat die Beleuchtung offenbar gegen die angeborene Präferenz für blaues Licht gewirkt. Hierdurch bestätigt sich die Wirkung der Beleuchtung, da sich sonst auch hier die zuvor festgestellte angeborene Präferenz gezeigt hätte.
Das Alter der Tiere beeinflusste bei allen Experimentaltieren die Farbwahl. Vor allem die blau beleuchtete Gruppe verbrachte nach der ersten Lebenswoche fast doppelt so viel Zeit in blauem Licht wie noch am ersten Lebenstag.
Zusätzlich konnte bei der Wechselhäufigkeit zwischen den Lichtfarben im runway beobachtet werden, dass die blau beleuchteten Tiere eine höhere Wechselhäufigkeit besaßen als die der beiden anderen Beleuchtungsgruppen.
Bei allen drei Beleuchtungsgruppen (Blau, Grün, Kontrolle) konnten keine Unterschiede zwischen den Geschlechtern, in der Latenzzeit, der Reaktion auf die Position der Lichtfarben im runway und der zusätzlichen Beleuchtung während der Aufzucht gefunden werden. Es konnten also keine geschlechtsspezifischen Präferenzen festgestellt werden. Die Gruppen unterschieden sich auch nicht im Hinblick auf die Beleuchtung während der Aufzucht. Dies führte nicht zu einer Verstärkung der Präferenz für eine der beiden Farbe.
Es konnte also in dieser Arbeit die Beeinflussung durch Licht während der Inkubation für die Lichtfarbe Grün nachgewiesen werden, allerdings nicht als Farbprägung, sondern im Sinne einer reduzierenden Wirkung auf die angeborene Präferenz für Blau. Eine Verhaltensbeeinflussung mittels Beleuchtung durch farbiges Licht während der Inkubation ist folglich möglich, die gezielte Verwendung bestimmter Farben bedarf allerdings weiterer Forschung.
Gerne möchte ich mich an dieser Stelle für die Möglichkeit meine Masterarbeit am Wissenschaftlichen Geflügelhof zu schreiben bedanken. Ich möchte mich bei den Züchtern bedanken, die den WGH mit Bruteierspenden unterstützen und bei allen Mitarbeitern, die mich immer freundlich und hilfsbereit bei meinen Experimenten unterstützt haben. Mein besonderer Dank gilt Frau Dr. Tiemann, die mich während dieser Zeit, zielgerichtet und hilfreich auch in schwierigen Phasen meiner Abschlussarbeit betreut und begleitet hat. Vielen Dank!
Literatur:
Banks E.M. (1956). Social Organization in the Red Jungle Fowl (Gallus gallus Subsp.). Ecology 37, pp. 238-248.
Bolhuis J.J., Honey R.C. (1998). Imprinting, learning and development: from behavior to brain and back. Trends Neuroscience 21, pp. 306-311.
Deng C., Rogers L.J. (2002). Prehatching visual experience and lateralization in the visual Wulst of the chick. Behavioural Brain Research 134, pp. 375 – 385.
Hampton N.G., Bolhuis J.J., Horn G. (1995). Induction and Development of a Filial Predisposition in the Chick. Behaviour 132, pp. 451-477.
Huber-Eicher B. (2004). The effect of early colour preference and of a colour exposing procedure on the choice of nest colours in laying hens. Applied Animal Behaviour Science 86, pp. 63-76.
Hughes B.O., Carmichael N.L., Walker A.W., Grigor P.N. (1997). Low incidence of aggression in large flocks of laying hens. Applied Animal Behaviour Science 54, pp. 215-234.
Rogers L.J., Andrew R.J., Johnston A.N.B. (2007). Light experience and the development of the behavioral lateralization in chicks III. Learning to distinguish pebbles from grains. Behavioural Brain Research 177, pp. 61-69.
Salzen R.E., McKeown L., McKeown J.R. (1971). Colour preference and imprinting in domestic chicks. Animal Behaviour 19, pp. 542-547.
Xie D., Wang Z.X., Dong Y.L., Cao J., Wang J.F., Chen J.L., Chen X.Y. (2008). Effects of Monochromatic Light on Immune Response of Broilers. Poultry Science 87, pp. 1535- 1539.
Zupan M., Kruschwitz A., Huber-Eicher B. (2007). The influence of light intensity during early exposure to colours on the choice of nest colours by laying hens. Applied Animal Behavour Science 105, pp. 154-164.